Die Rote Waldameise: Biologie & Verhalten

Die Rote Waldameise (Arbeiterin einer Formica polyctena)

Die Rote Waldameise wohnt in Staaten von bis zu 2 Millionen Tieren in riesigen Nestern aus Erde, Fichtennadeln und Ästen. Oft bilden sie Schwesternnester in der Nachbarschaft, womit die kleinen Krabbler, auf einer vergleichsweise kleinen Fläche die Einwohnerzahl der Niederlande erreichen können.

Um an ihre Futterquellen zu gelangen, bilden die Arbeiterinnen der roten Waldameise riesige Ameisenstraßen, die jeden Wanderer sofort in ihren Bann ziehen.

Wegen ihrer Fähigkeit Schadinsekten, wie den Kiefernspanner in großen Mengen zu vertilgen, hat man bereits 1798 in Preußen den hohen Nutzen der Waldameisen für die Forstwirtschaft erkannt und das Sammeln von „Ameiseneiern“, als auch das Zerstören von Ameisennestern unter Strafe gestellt. Durch diesen praktischen Nutzwert für den Menschen und die interessante Lebensweise wurde die rote Waldameise so intensiv wie keine andere Ameisenart im deutschen Sprachraum erforscht.

Die interessantesten Fakten und Verhaltensweisen aus über 200 Jahren Forschung habe ich in diesem Beitrag zusammengefasst. Nach der Lektüre solltet Ihr das Verhalten der roten Waldameise und der kahlrückigen Waldameise erkennen und deuten können. Los geht’s!



Rote Waldameisen bei der ArbeitWer ein Fernglas oder ein Teleobjektiv mit geringer Naheinstellgrenze besitzt, kann im Gewusel des Ameisenhaufens einzelne Arbeiterinnen ausfindig machen und bei ihren Arbeiten beobachten.

Klassifizierung und Namen der roten Waldameisen

Klassifizierung und Namen
Insekten
Ordnung: Hautflügler -> Hymenoptera
Familie Ameisen -> Formicidae
Unterfamilie: Schuppenameisen -> Formicinae
Gattung: Waldameisen -> Formica
Untergattung: Waldameisen im engeren Sinne -> Formica sensu stricto
Name (Formica rufa) Rote Waldameise, Große Rote Waldameise
Wissenschaftlicher Name Formica (Formica s. str.) rufa LINNÉ (1761)
Name (Formica polyctena) Kahlrückige (Rote) Waldameise, Kleine Rote Waldameise
Wissenschaftlicher Name Formica (Formica s. str.) polyctena FÖRSTER (1850)
Hybrid aus beiden Arten (Formica rufa & Formica polyctena) Formica rufa x polyctena

Für die beiden Arten (Formica rufa und Formica polyctena) kann der Sammelname „Rote Waldameise“ genutzt werden.

Lebensraum der roten Waldameise

Die rote Waldameise lebt bevorzugt in Nadel- und Mischwäldern, kann in selteneren Fällen aber auch in reinen Laubwäldern angetroffen werden. Dabei bevorzugen die Tiere für ihren Neststandort Bereiche mit gutem Sonneneinfall in der Nähe zum Waldrand, an Wegen oder natürlichen Lichtungen.

Ein weiterer bedeutender Standortfaktor ist die Nähe zu Bäumen wie Fichten, welche als "Weidegrund" für die Rindlauskolonien dienen.

Bei der kahlrückigen (roten) Waldameise kann es vorkommen, dass Zweignester durch den Konkurrenzdruck von anderen Schwesternnestern, auch im schattigen Inneren von Wäldern zu finden sind.

Vorkommen und Verbreitung der roten Waldameise

Beide Arten der roten Waldameise (Formica rufa und Formica polyctena) sind in West- Mittel und Osteuropa heimisch. Vorkommen findet man im Flachland, im Mittelgebirge und in den unteren Teilen der Hochgebirge. Formica Rufa ist noch etwas weiter nördlich, bis in den Süden Großbritanniens, Norwegens und Schwedens, sowie westlich bis zu den Pyrenäen verbreitet. Sie erreicht auch etwas höhere Lagen als Formica polyctena, wird aber im Hochgebirge und den nördlichen Teilen Europas von den Gebirgswaldameisen (Formica lugubris und Formica aquilonia) abgelöst.

Aussehen und Körperbau der roten Waldameise (hier: Formica polyctena)

Mit dem bloßen Auge lassen sich die flinken und wehrhaften Tiere nur schwer näher betrachten. Da sie unter Schutz stehen, ist außerdem das Aufsammeln der Tiere in Deutschland nicht erlaubt. Für die folgenden Nahaufnahmen habe ich daher bereits verstorbene Formica polyctena verwendet.

Natürlich sind die ganzen Benennungen der Körperteile nicht für Jeden interessant, doch wer hier genau hinschaut, findet interessante Details wie den Putzkamm, die Stirnaugen oder die komplexen Antennenfühler. Mit einem Klick lassen sich die Bilder vergrößern.

Anatomie der roten Waldameise Bild 1
Anatomie der roten Waldameise Bild 2
Anatomie der roten Waldameise Bild 3
Anatomie der roten Waldameise Bild 4


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Jahresablauf der Roten Waldameisen

Die Rote Waldameise im Frühling

Sonnungstraube der Roten Waldameise im FrühlingDie Sonnungstrauben kann man meist von Mitte März bis Anfang April beobachten.

Sobald die ersten wärmenden Sonnenstrahlen im Frühling die Nestoberfläche erwärmen, erwachen die ersten Arbeiterinnen, welche nahe der Nesteingänge Wache gehalten haben. Diese erste Vorhut sammelt sich als Traube an der Oberfläche und wärmt sich an der Sonne auf.

Danach holen die bereits aufgewärmten Arbeiterinnen die Tiere aus den tieferen Bereichen des Nestes, welche sich noch in Winterstarre befinden und bringen sie ebenfalls in die wärmende Sonne. Das wiederholt sich so lange, bis alle Tiere erwacht sind. Nur zu dieser Zeit findet man auch die Königinnen an der Oberfläche. Den Rest des Jahres verbringen die Königinnen in der Brutkammer.

Die Arbeiterinnen beginnen nun mit der Ausbesserung des Nestes und schwärmen zur ersten Nahrungsbeschaffung aus. Die Königinnen legen die ersten Eier, aus denen sich ausschließlich geflügelte Geschlechtstiere entwickeln. Nachdem die geflügelten Männchen und Jungköniginnen das Nest zum Hochzeitsflug verlassen haben, beginnt sich das Leben im Ameisenstaat zu normalisieren. Ab Ende Mai finden sich im Nest kleinere Puppenkokons, aus denen jetzt nur noch Arbeiterinnen schlüpfen.

Welche Kasten (Gesellschaftsgruppen) gibt es bei der Roten Waldameise?
Die Rote Waldameise besteht aus nur drei Kasten. Arbeiterinnen, weibliche Geschlechtstiere (Königinnen) und männliche Geschlechtstiere.

Die Rote Waldameise im Sommer

Den ganzen Sommer beschäftigen sich die Arbeiterinnen der roten Waldameisen mit der Aufzucht neuer Arbeiterinnen, Nahrungsbeschaffung und Arbeiten am Nest. Im September stoppen die Königinnen die Eiablage. Die Arbeiterinnen hören bei ausbleibender Brut außerdem auf Wärme in die Brutkammern einzutragen, was zur Auskühlung des Nestes beiträgt.

Die Rote Waldameise im Herbst

Im Herbst konzentrieren sich die Arbeiterinnen darauf sich einen Nährstoffvorrat im Hinterleib in Form von fetthaltigem Speichergewebe (inkl. Eiweißen und Kohlenhydraten) anzulegen. Während für die Brut viel proteinreiche Nahrung besorgt und gejagt werden musste, konzentrieren sich die Tiere jetzt im Herbst auf kohlenhydrathaltige Nahrungsquellen wie den Honigtau der Baumläuse. Die Arbeiten am Nest konzentrieren sich nun auf den Untergrund. Hier werden neue Gänge und Kammern für die Winterruhe angelegt. Außerdem erhöhen die Ameisen die Nestkuppel um mehr Sonnenstrahlen einzufangen, während die Tage immer kürzer und die Sonne immer schwächer wird.

Die Rote Waldameise im Winter

Ende Herbst verschließen die roten Waldameisen alle Nestzugänge und ziehen sich in die unteren Gänge und Kammern in 0,5 bis 1m Tiefe zurück. Dort verteilen sich die Tiere breitflächig über die etwa Walnuss-großen Kammern und verbringen den Winter in Kältestarre. Bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt verlangsamt sich der Stoffwechsel der Tiere soweit, dass sie keine Nahrung benötigen. Einige, meist kranke und alte Tiere verbringen als Vorhut den Winter knapp unter der Frostgrenze. Sie sind im Frühjahr dafür zuständig die anderen Tiere zu wecken.

Fortpflanzung der Roten Waldameise

Nachdem die geflügelten Jungköniginnen und Männchen aus ihren Kokons geschlüpft sind, schwärmen sie alle gleichzeitig zwischen Ende April und Anfang Juni an einem schwülen, sonnigen Tag aus. Anhand von Pheromonen finden sich jeweils die männlichen und die weiblichen Schwärme und treffen sich meist an erhöhten Landmarken oder Bäumen.

Sobald das Männchen beim sog. Hochzeitsflug die Paarung einleitet, fallen beide Tiere zu Boden. Die Jungkönigin erhält nun von einem oder mehreren Männchen den Spermienvorrat für das ganze Leben. Die Eier werden in speziellen Samentaschen gespeichert, wo sie mit den nötigen Nährstoffen versorgt werden und so bis zu 20 Jahre für Nachkommen sorgen können.

Manchmal legen auch Arbeiterinnen Eier. Aus diesen können sich jedoch nur unbefruchtete Eier entwickeln, aus denen ausschließlich männliche Geschlechtstiere schlüpfen können. Meist werden mit den Eiern der Arbeiterinnen jedoch die Larven der Königin gefüttert.

Für die Männchen hat sich ihr Lebenszweck erfüllt und die Tiere fangen an orientierungslos und apathisch durch die Gegend zu krabbeln. Viele der Tiere verenden und werden als Nahrung zurück ins Nest getragen, einige werden Beute von Vögeln, Spinnen und anderen Tieren.

Für die Jungkönigin fängt das Leben gerade erst an. Nach der erfolgreichen Begattung streift sie sich ihre Flügel ab und ernährt sich fortan von ihrer kräftigen Flugmuskulatur.


Begattete Jungkönigin der Roten WaldameiseDie Bruchstellen der Flügel sind bei dieser Jungkönigin der Formica polyctena noch deutlich zu erkennen

Auch wenn sich das Aussehen, als auch die Verhaltensweisen der beiden Arten Formica rufa und -polyctena stark ähneln und die Fachwelt darüber streitet, ob es sich überhaupt um zwei eigenständige Arten handelt, so könnten Sie im Nestgründungsverhalten nicht unterschiedlicher sein:

Nestgründung bei der (großen) roten Waldameise (Formica rufa)

Die begatteten Weibchen der Formica rufa versuchen sich nun Zugang zum Nest einer Sklavenameise zu verschaffen, die Königin zu töten und das Nest samt Arbeiterinnen zu übernehmen. Die Sklavenameisen (z.B. Formica fusca) versorgen nun die artfremden Nachkommen, bis das Nest irgendwann nur noch aus roten Waldameisen besteht.

Von zehntausenden Jungköniginnen der Formica rufa überleben jedes Jahr oft nur sehr wenige Tiere. Viele werden von Vögeln erbeutet oder von den Sklavenameisen überwältigt, bevor die Jungkönigin den fremden Nestduft annehmen konnte und somit von den fremden Arbeiterinnen als Königin akzeptiert werden würde.

Nestgründung bei der kahlrückigen (oder kleinen roten) Waldameise (Formica polyctena)

Nach dem Hochzeitsflug finden die Jungköniginnen der Formica polyctena meist Unterkunft im eigenen Nest oder in einem fremden Nest. Dort werden sie von den ansässigen Arbeiterinnen aufgelesen und ins Nest getragen, wo sie dann den Rest ihres Lebens mit dem Eierlegen beschäftigt sind.

Eine eigentliche Nestgründung findet bei der kahlrückigen Waldameise nur statt, sobald das ursprüngliche Mutternest zu groß geworden ist, oder zerstört wurde. Dann bilden einige Arbeiterinnen ein oder mehrere Zweignester. Die benötigten Königinnen werden dann einfach aus dem Mutternest in das neue Zuhause getragen.

Bei Holzfällerarbeiten zerstörtes Nest und zwei neue Nestgründungen der Formica polyctenaDas ehemals schulterhohe Nest der Formica polyctena in einem Wald am Niederrhein wurde durch Holzfällarbeiten beschädigt. Ein neues Nest wurde nur 4 Meter vom ursprüglichen Nest, näher an eine alte Fichte am Wegrand gebaut, während ein anderer Ableger etwa 20m in entgegengesetzter Richtung gegründet wurde.

Eiablage und Brutpflege bei der Roten Waldameise

Die Eiablage

Die Königin in einem monogynen Volk (mit nur einer einzigen Königin) kann bis zu 300 Eier am Tag legen. In polygynen Völkern (mit mehreren, bis zehntausenden Königinnen) legen die Königinnen in der Regel nur etwa 10 Eier am Tag. Die milchig-weißen Eier werden von den Arbeiterinnen direkt nach dem Austritt aus dem Hinterleib der Königin mit den Mandibeln (Kiefer) gepackt, beleckt und ins Eilager gebracht. Die Eier werden von den Arbeiterinnen anschließend regelmäßig beleckt und umgeschichtet. Ein Ei ist zwischen 0,61mm (Arbeiterin) und 0,73mm (Geschlechtstier) groß und wiegt zwischen 0,0455mg bis 0,0590 mg. Durch die feuchte Oberfläche kleben die Eier zusammen und lassen sich von den Arbeiterinnen praktischerweise als ganze Eipakete transportieren.

Die Eier werden stets in die Kammern mit den optimalsten Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen umgelagert, bis nach etwa 13 Tagen die Larven schlüpfen.

Die madenförmigen Larven besitzen weder Beine, Fühler noch Augen und werden ebenfalls durch Belecken sauber gehalten. Die Larven kleben nicht mehr zusammen, können aber trotzdem, wie die Eier zu Mehreren transportiert werden. Dies ermöglicht ein dichter Besatz von Haaren und gekrümmten Borsten am ganzen Körper, der die Larven zusammenhält.

Die Larven sind vollkommen abhängig von ihren Pflegerinnen und werden mit Kropfnahrung, oder bei Geschlechtstieren mit Labialdrüsensekret gefüttert. Nach etwa 8 Tagen beginnen die Larven sich mithilfe einer Spinndüse zu verpuppen. Das fertige Kokon ist etwa 4,5 bis 7,5mm lang und 2-3mm dick. Kokons von Geschlechtstieren sind mit einer Länge von 10mm und einer Dicke von 4mm wesentlich größer.

Die Puppenkokons werden ebenfalls durch Belecken sauber gehalten und häufig umgelagert. Nach etwa 14 bis 16 Tagen schlüpfen die Jungameisen. Sie sind noch komplett weiß und werden die ersten 6 Tage noch betreut, umgelagert und gefüttert, bis die Chitinhülle komplett ausgehärtet ist.

Entwicklung der Geschlechtstiere

Aus den ersten Eiern im Frühjahr entwickeln sich stets Geschlechtstiere, aber pro Nest immer nur männliche oder weibliche Geschlechtstiere. Während die Eiablage bei den Königinnen automatisch im Frühjahr einsetzt, wird der Besamungsmechanismus erst ab 20 C° tätig. Schattig gelegene oder junge Nester produzieren daher fast ausschließlich Männchen (unbefruchtete Eier), große oder gut besonnte Nester, weibliche Geschlechtstiere (befruchtete Eier).

Desweiteren ist die Entwicklung der Geschlechtstiere von der Anzahl an Arbeiterinnen abhängig, welche das nahrhafte Labialdrüsensekret produzieren können. Ohne ausreichende Fütterung mit dem speziellen Sekret entwickeln sich aus den eigentlichen Königinnen Arbeiterinnen und die Männchen sterben ab.

Nester der roten Waldameise (Ameisenhaufen)

Der Aufbau eines Ameisenhaufens

Junges Nest der Roten WaldameiseSchon in wenigen Jahren wird der Baumstumpf nicht mehr sichtbar sein

Das Herzstück im Inneren eines Waldameisennestes bildet meist ein abgestorbener Baumstumpf. Dieser Stumpf bietet den Königininnen Schutz vor grabenden Räubern wie Grünspechten und Wildschweinen. Bei jüngeren Nestern befinden sich die Kammern der Königinnen unterhalb des Baumstumpfes, bei älteren Nestern haben die Arbeiterinnen zu diesem Zweck im Inneren des Stumpfes Kammern und Gänge genagt.

Über dem Stumpf bilden die roten Waldameisen eine Kuppel aus kleinen Aststücken mit zahlreichen Hohlräumen und Kammern. Über dieser Kuppel befindet sich die charakteristische Schicht aus Kiefern- oder Fichtennadeln, Harzklümpchen, Grashalmstückchen, Blättern oder ähnlichen Pflanzenresten. Die Pflanzenreste werden von den Arbeiterinnen so angeordnet, das Wasser gut ablaufen kann. Darüber hinaus bietet diese Schicht eine gute Wärmeisolierung.

Welche Faktoren beeinflussen die Höhe eines Waldameisennestes?
Die Höhe eines Hügels der roten Waldameise ist nicht nur abhängig von der Stärke eines Volkes, sondern besonders von der Sonneneinstrahlung und Bodenbeschaffenheit. An eher schattigen Standorten und einer hohen Bodenfeuchte bauen die Tiere eine hohe Kuppel, um die Wärme der wenigen Sonnenstrahlen einfangen zu können. An einem sonnigen Standort und trockenem Boden, sind die Nester eher flach ausgeführt.

Der größte Teil eines Ameisenhügels befindet sich in der Regel unter der Erde. Hier erstreckt sich ein sehr weitläufiges System aus Gängen und Kammern, das bis in eine Tiefe von 2 Metern reichen kann.

Wärmehaushalt im Ameisenhügel

Wärmebedürfnis eines Ameisenvolkes im Frühling und Sommer während der Brutzeit
- Königinnen bevorzugen kühlere Nestbereiche von 20° bis 22 C°
- Eier benötigen zur optimalen Entwicklung eine Temperatur von 25 C°
- Junglarven werden bei 27° bis 28 C° gelagert, Altlarven bei 29° bis 31 C°
- In die trockensten und wärmsten Nestpartien von 29° bis 31,5 C° werden die verpuppten Laven (Kokons) gelagert
[Quelle: 1B]

Zur Schaffung von optimalen Temperaturzonen für die einzelnen Entwicklungsstadien der Brut hat die rote Waldameise einige Tricks und Kniffe. Die Grundwärme wird durch vermodernde Materialien im Untergrund (nur bei sehr hoher Luftfeuchtigkeit), sowie durch die entstehende Stoffwechselwärme der Tiere erzeugt.

Um zumindest in den Brutkammern dauerhafte Temperaturen von bis zu 31,5 C° zu erreichen, nutzt die Waldameise das sog. Wärmetragen. Die Tiere bilden in der Sonne auf der Nestoberfläche eine Traube und lassen ihren Körper auf bis zu 40 C° aufwärmen. Diese Wärme tragen sie ins Nest hinein, bis die gewünschten Temperaturen erreicht werden.

Bei kalten Außentemperaturen halten die Tiere ihre Nesteingänge größtenteils verschlossen. Bei hohen Temperaturen werden jedoch zahlreiche Öffnungen geschaffen, um ein Anstauen der Wärme im Nest zu verhindern.

Sauberkeit im Nest

Formica polyctena Arbeiterin transportiert tote Schwestern aus dem Nest.Arbeiterin transportiert tote Artgenossinnen aus dem Nest.

Die Arbeiterinnen im Ameisenhügel schichten unablässig alle Baumaterialien auf dem Nest um. So halten Sie alles trocken und beugen Pilz- und Schimmelbefall vor. Auch im Inneren des Waldameisenhügels werden stetig alle Krankheitsherde wie feuchte Baumaterialien, Nahrungsreste, nicht verwertbare Beuteinsekten oder tote Gefährtinnen beseitigt.

In der Regel werden alle Abfälle in einem gewissen Abstand kreisförmig rund um das Nest abgelegt. Diese Mülldeponien bilden gleichzeitig die Reviergrenze des Volkes.




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Besondere Verhaltensweisen der Roten Waldameise

Körperpflege

Die Rote Waldameise legt wie die meisten anderen Ameisen sehr viel Wert auf Körperhygiene. Mit Ihrer Zunge lecken Sie ihren gesamten Körper sauber. Körperstellen, die sie nicht selbst erreichen, werden von anderen Arbeiterinnen geputzt. Mögliche Fremdkörper werden hierbei mit den Mandibeln (Oberkiefer) entfernt. Besonders interessant mit anzusehen ist das Reinigen der Fühler. Die Tiere besitzen am Vorderbein einen Borstenkamm, durch den die Fühler zur Säuberung durchgezogen werden.

Transport von Artgenossinnen (und Männchen)

Wenn eine Arbeiterin eine andere Arbeiterin, Königin oder ein Männchen transportieren möchte, packt sie das Tier mit den Mandibeln (Oberkiefer) an den Kiefern und zerrt es von der Stelle. Sobald die zu transportierende Ameise das Signal verstanden hat, krümmt sie sich ein und presst ihre Beine und Fühler fest an ihren Körper. Somit kann die transportierende Arbeiterin leichter den Schweremittelpunkt halten und muss weniger Energie für das Tragen aufbringen.

Wie stark ist eine Rote Waldameise?

Formica polyctena Arbeiterininnen transportieren gemeinsam ein größeres Stück Stock.

Experimente an der kahlrückigen Waldameise haben ergeben, dass die Arbeiterinnen beim Tragen ohne Bodenkontakt das 9,7-fache des eigenen Körpergewichts bewältigen können.

An senkrechten Wänden konnten die Arbeiterinnen das 12,2-fache hochziehen und beim Schleppen und Ziehen schafften die fleißigen Tiere das 18,5-fache des eigenen Körpergewichtes. [Quelle: 1C]

Bei besonders schweren Materialien oder Beutetieren helfen die Arbeiterinnen sich gegenseitig. Dabei habe ich jedoch schon desöfteren beobachten können, dass nicht alle Tiere in die gleiche Richtung ziehen. Die Richtung gibt dann die Summe der Kräfte vor.

Wie verteidigt sich die Rote Waldameise gegen Gefahren und Eindringlinge?

Wenn die rote Waldameise auf eine andere Ameise trifft, erkennen die Tiere bereits am Geruch, ob es sich um die gleiche Art handelt und ob die Ameise zum gleichen Volk gehört. Wenn die andere Ameise nicht zu ihrem Volk gehört reagiert die Waldameisenarbeiterin je nach Ort der Begegnung unterschiedlich. Umso weiter die Arbeiterin von ihrem Nest entfernt unterwegs ist, desto passiver ihr Verhalten. In fremder Umgebung weichen die Arbeiterinnen der roten Waldameise anderen Ameisen aus, während fremde Ameisen innerhalb der Reviergrenze sofort attackiert werden.

Der Angriff erfolgt ähnlich wie bei den Beutetieren durch Fixieren an den Extremitäten, Verbeißen und Gift in die offenen Wunden spritzen. Bei größeren Gefahrenquellen wie Wildschweinen, Grünspechten oder Menschen spritzen die Arbeiterinnen zur Abwehr Ameisensäure auf ihre Feinde. Durch die Ameisensäure gerät das ganze Volk in Rage und immer mehr Waldameisenarbeiterinnen werden angelockt, um ihre Säure auf die Feinde zu verspritzen. Die beißend riechende, ätzende Säure schlägt die meisten Feinde in die Flucht.

Arbeitsteilung im Waldameisenstaat

Ameisen sind uns Menschen in Sachen Arbeitsteilung gar nicht so unähnlich. Die Arbeiterinnen der roten Waldameise gehen unterschiedlichen Berufungen nach und bleiben ihrer Spezialisierung meist weitgehend treu. Auch gibt es Arbeiterinnen, die keiner Tätigkeit nachgehen, sondern lediglich im Gang stehen, Futter aufnehmen und verteilen.

In der ersten Hälfte ihres Lebens verbringen die Arbeiterinnen ihre Zeit ausschließlich im Nest. Hier gehen sie Arbeiten wie der Brutpflege, Pflege der Königinnen, dem Nestbau oder der Nesteinigung nach.

In einem Zeitraum zwischen 3 Wochen und 1 Jahr bilden sich die Ovarien (Eischläuche im Hinterleib), als auch die vorhandenen Eier zurück. Nach dieser Wandlung ändert sich das Verhalten der Arbeiterinnen stark. Sie sind jetzt fast ausschließlich im Außendienst tätig und beschäftigen sich mit der Jagd, dem Sammeln von Baumaterial, sowie dem Melken von Honigtau. Außerdem zeigen die Tiere jetzt ein klar agressives Verhalten gegenüber potentiellen Gefahren und Feinden.

Sinne der Roten Waldameise: Sehen, Tasten, Hören & Riechen

Sehen

Stirnaugen und Facettenaugen der Formica polyctena Arbeiterin

Zum Sehen besitzen die Roten Waldameisen zwei Facettenaugen, sowie 3 Stirnaugen (sog. Ocellen). Die Facettenaugen bestehen bei der Arbeiterin jeweils aus 580 bis 700 Einzelaugen (Königin 800 bis 950, Männchen: ca. 1200), von denen die Augen im mittleren und unteren Bereich Farben im unporalisierten grün-blauen Farbspektrum aufnehmen. Die Einzelaugen im oberen Bereich sind auf UV-Licht spezialisiert und helfen bei der Orientierung mittels Polarisationsmustern am Himmel.

Mithilfe der Stirnaugen kann die Waldameise Helligkeitsunterscheide und die Richtung des Lichtes wahrnehmen. Die genaue Funktion der sog. Ocellen ist bislang jedoch unbekannt.

Tasten und Riechen

Tasten und Riechen können die roten Waldameisen mithilfe der beiden Antennen (Fühler) am Kopf, sowie kleinen fühlerartigen Anhängen im Bereich rund um die Mundöffnung, sowie mit Sinnesorganen auf der Zunge.

Die beiden Antennen am Kopf bestehen jeweils aus 12 Gliedern, an denen einige Sinnesorgane sitzen.
Diese lassen sich in 5 Typen unterteilen:

Tastborsten: Zum Ertasten besitzt das Tier hunderte kleine Borsten aus Chitin an den Antennen
Knieförmige gebogene Haare: Davon besitzt die rote Waldameise ebenfalls einige hundert auf ihren Antennen. Jedoch ist die Funktion bislang unbekannt
Leydigsche Kegel/Riechzapfen: Dienen zum Wahrnehmen von Gerüchen in direkter Umgebung beim Betasten
Grubenkegel: Die Funktion ist bislang nicht eindeutig geklärt. Man nimmt jedoch an, dass diese Kegel ebenfalls dem Riechen im Nahbereich dienen. Hiervon besitzt das Tier nur ein paar Dutzend
Flaschenorgane: Die Funktion der weniger zahlreich vorhandenen Sinnenorgane ist bislang ebenfalls noch nicht geklärt

Können rote Waldameisen hören?

Rote Waldameisen besitzen keine Hörorgane, können also nicht direkt hören. Nach aktuellem Forschungsstand ist es unklar, inwieweit Ameisen Schall mithilfe ihrer Sinneshärchen wahrnehmen können. Wenn man Ameisen z.B. lauter Musik aussetzt, verändert sich an ihrem Verhalten nichts.

Wie orientiert sich eine rote Waldameise?

Zur Orientierung dient der roten Waldameise der Sonnenstand, Lichtmuster im Kronendach, markante Landmarken, sowie Gefälle. Duftmarken haben bei den Tieren gegenüber anderen Ameisenarten eine eher untergeordnete Rolle. Streift man also bei der roten Waldameise mit dem Finger durch eine Ameisenstraße, lassen sich die kleinen Waldbewohner davon nicht vom Weg abbringen.

Die Duftspuren dienen Waldameisen in erster Linie zur Rekrutierung ortsunkundiger Arbeiterinnen für Futterquellen, zur Markierung beständiger Straßen und zur Orientierung in der Dunkelheit.

Die Orientierung funktioniert nicht punktgenau, daher müssen die Tiere nahe am Ziel meist noch Suchschleifen ablaufen, um das Nest oder die Futterquelle wieder zu finden. Um sich leichter zu orientieren und schneller voran zu kommen, benutzen Waldameisen natürliche Wege, wie Bodenrinnen, Wegränder oder Baumstämme. Auf häufig frequentierten Wegen räumen die Außendienstarbeiterinnen den Weg außerdem selbstständig frei. So entstehen dann die bekannten Ameisenstraßen, bzw. Autobahnen der roten Waldameise.

Alle Orientierungshilfen sind im Laufe der Zeit erlernt. Wenn man daher ein Tier weit weg vom Nest aussetzt, ist es nicht in der Lage zu seinem Nest zurück zu kehren.

Feinde der roten Waldameise (Räuber & Parasiten)

Das Wildschwein

Das Wildschwein ist der gefährlichste Feind der roten Waldameise. Es sucht in den Nestern nach der Brut der Engerlinge, welche im Nestmulm liegen, frisst aber auch die Ameisen und ihre Brut selbst. Außerdem suhlt es sich in der Wärme des Nesthügels und zerstört mit seinem schweren Körper oft große Teile des Nestes.

Vögel

Spechtschaden an einem Ameisenhaufen der Formica polyctenaAmeisen sind besonders für Grünspechte in den Wintermonaten eine unverzichtbare Nahrungsquelle.

Viele Vögel, zum Beispiel Stare und Spechte nutzen die roten Waldameisen zur Gefiederpflege (sog. Einemsen). Indem die Vögel ein Bad, direkt auf dem Ameisenhaufen nehmen und sich mit Ameisensäure bespritzen lassen, oder indem sie sich mit einzelnen Ameisen direkt das Gefieder einreiben, entledigen sich die Vögel dem Ungeziefer in ihrem Gefieder. Nachdem Einreiben des Gefieders besitzt die Ameise außerdem kein Gift mehr und kann verspeist werden.

Am gefährlichsten ist für die rote Waldameise jedoch der Specht. Spechte graben tiefe, armdicke Gänge in den Ameisenhaufen und können mithilfe ihrer langen, klebrigen Zunge pro Tag bis zu 1000 Arbeiterinnen verschlingen. Selbst im Winter graben sich Grünspecht und Buntspecht tief in die Nester, bis sie auf die ersten überwinternden Arbeiterinnen treffen. Durch die Gänge wird der Wärmehaushalt des Nestes gravierend gestört und Wasser und Frost können leichter in tiefere Schichten vordringen. Das kann im Ameisenstaat zu sehr großen Verlusten führen.

Insekten

Zu den direkten Fressfeinden der roten Waldameise gehören auch zahlreiche jagende Insekten, wie die, auf Ameisen spezialisierte gewöhnliche Trauerkugelspinne (Lasaeola tristis), die Ackerkugelspinne (Cryptachaea riparia), sowie der Ameisenlöwe (Larve der Ameisenjungfer).

Auch im Inneren eines Ameisenhaufens finden sich zahlreiche Räuber und Parasiten. Die Larve des Vierpunktkäfers (Clytra quadripunctata L.) zum Beispiel versteckt sich in einem selbst gefertigten Köcher aus Kot und Nestpartikeln im Inneren des Ameisennestes. Aus diesem Schutz heraus ernährt sich der Käfer von der Ameisenbrut.

Ein weiterer schädlicher Untermieter ist der Kurzdeckenflügler (Atemeles pubicollis BRIS). Er sondert ein Sekret aus, dass die Arbeiterinnen begierig auflecken, weshalb er im Ameisennest geduldet wird. Der Käfer lässt sich von den Ameisen füttern und die Arbeiterinnen pflegen sogar die Brut des Kurzdeckenflüglers. Zum Dank für die Pflege ernähren sich die Käferlarven von der Brut der roten Waldameise.

Ein eher harmloser Untermieter ist die kleine Gastameise (Formicoxenus nitidulus NYL.). Das Volk dieser kleinen Ameisenhart zählt nicht mehr als hundert Tiere und profitiert insbesondere vom Schutz und dem Wärmehaushalt des Wirtsnestes. Die kleinen Gastameisen lassen sich von ihren Gastgebern füttern, indem sie auf den Rücken oder den Kopf einer Arbeiterin der roten Waldameise klettern und so lange betteln, bis diese einen Nahrungstropfen hervorwürgt.

Nicht direkt schädlich, aber sehr begehrt bei Räubern sind die pflanzenfressenden Engerlingslarven des Rosenkäfers (Potosia cuprea F.). Wildschweine, Füchse und Dachse können beim Durchwühlen des Ameisenhaufens nach diesen nahrhaften und fetten Larven sehr großen Schaden anrichten.

Ernährung der Roten Waldameise

Was fressen Rote Waldameisen?

Die Rote Waldameise ist grundsätzlich eine Allesfresserin, ernährt sich aber hauptsächlich von Honigtau (ca. 60%), Insekten (ca. 35%), sowie anderen Nahrungsquellen wie süßen Pflanzensäften, Hutpilzen, Aas, sowie den nahrhaften Anhängseln von Pflanzensamen [Quelle: 1D].

Honigtau – Die Symbiose zwischen Waldameise und Blattlaus
Blattlauskolonie der roten Waldameise

Den Honigtau findet die Waldameise bei mehr als 70 pflanzensaftsaugenden Lausarten, sowie gelegentlich bei Zikadenlarven [Quelle: 1E]. Dabei werden die Tiere jedoch nicht von den Ameisen gefressen, sondern die Arbeiterinnen der roten Waldameise lecken die Ausscheidungen der Tiere auf und füllen damit Ihren sozialen Magen (Kropf). Ein Ameisenvolk kann je nach Größe bis zu 250 g der nahrhaften Ausscheidungen pro Tag einsammeln. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Ausbeuterei, sondern Ameisen und Läuse gehen hier eine Symbiose ein.

Den Großteil des Honigtaus findet die Waldameise bei den Baumläusen (Rindenläuse). Die Rindenläuse bilden große Kolonien, die von den Waldameisen gehegt und beschützt werden. Zu den Kolonien der Baumläuse können sich teilweise riesige Ameisenstraßen bilden, die manchmal eine Länge von 100m erreichen.

Die Baumläuse zapfen den begehrten Baumsaft in röhrenförmigen Zellen direkt unter der Baumrinde an. Der Anteil von Eiweißen und anderen wichtigen Nährstoffen ist im Baumsaft gegenüber dem Zucker relativ gering, daher scheiden die Läuse die überflüssige zuckerhaltige Flüssigkeit aus. Um an den Honigtau der Läuse heran zu kommen, klopfen und streicheln die Ameisen den Hinterleib der Laus, bis Diese ihren Hinterleib hebt und einen Honigtautropfen abgibt, den die Arbeiterin aufleckt. Das Ganze wiederholt sich mit mehreren Läusen, bis der Kropf der Ameise gefüllt ist. Manchmal sind die Rindenläuse zu zahlreich und der Ast, an dem die Läuse saugen stirbt ab. Sobald kein Honigtau mehr produziert wird, tragen die Waldameisenarbeiterinnen ihr „Vieh“ an einen frischen Ast oder auf einen anderen Baum. Durch das ständige „melken“ verhindern die Ameisen außerdem ein verkleben der Lauskolonie.

Der Name Honigtau kommt übrigens daher, dass auch Honigbienen sich dieser Nahrungsquellen bedienen und aus den Ausscheidungen der Baumläuse den beliebten Waldhonig herstellen.

Insekten & Co
Rote Waldameisen fressen HornisseDurch das Einspeicheln des Fleisches wird ein Zersetzungsprozess in Gang gesetzt, der das Fleisch in eine proteinreichte Flüssigkeit verwandelt, die von den Arbeiterinnen nur noch aufgeleckt werden muss. So kann die Rote Waldameise auch große Proteinquellen wie diese Hornisse nutzen

Im Frühjahr und Sommer benötigen die Waldameisen hohe Mengen an proteinreicher Nahrung, um ihre Larven und ihre Königinnen zu füttern. Während Aas meist nur einen kleinen und eher zufälligen Teil der proteinreichen Nahrung ausmacht, decken die Tiere den Löwenanteil mittels Insekten. Die Arbeiterinnen der roten Waldameise durchsuchen den Waldboden, sowie Bäume und Sträucher nach Insekten, Spinnen und Würmern. Die Ameisen erkennen ihre Beutetiere mittels ihrer Augen und ihren Fühlern. Die Fühler dienen der jagenden Arbeiterin hier als Tast-, als auch als Riechwerkzeug. Der Angriff wird in der Regel aber nur durch Bewegungen des Beutetiers ausgelöst. Regungslose Insekten bleiben von den Ameisen in der Regel unbehelligt. Geht eine Rote Waldameise zum Angriff über, verbeißt sie sich in ihrem Opfer. Das Opfer schlägt nun wild um sich und versucht die Angreiferin abzuschütteln. Durch die heftigen Bewegungen werden jedoch weitere Arbeiterinnen in der Nähe angelockt, die sich ebenfalls am Kampfgeschehen beteiligen.

Dabei arbeiten die Jagdameisen geschickt zusammen. Einige Arbeiterinnen beißen Wunden in ihre Opfer und spritzen mit gekrümmten Hinterleib Gift in die Wunde, welches Teile des darunter liegenden Gewebes zerstört. Andere hindern das Opfer an der Flucht, indem sie das Beutetier an Beinen, Fühlern oder Flügeln festhalten. Bei potentiel gefährlichen Beutetieren spritzen einige Arbeiterinnen Gift aus der Entfernung auf das Opfer. Sobald das Beutetier besiegt ist, wird es von einer Arbeiterin oder im Team zum Nest getragen und je nach Größe nochmal zerteilt oder direkt vor Ort aufgefressen.

Um das Fleisch im sozialen Magen (Kropf) speichern zu können, werden die Stücke eingespeichelt. Der Speichel zersetzt das Fleisch und die Ameisen müssen die entstandene Flüssigkeit nun nur noch auflecken.

Es kann vorkommen, dass die Arbeiterinnen mehr Beutetiere ins Nest bringen, als der Ameisenstaat verwerten kann. Alle nicht mehr verwertbaren Tiere oder Tierstücke werden von Arbeiterinnen aus dem Nest gebracht. Dies führt jedoch nicht dazu, dass der Ameisenstaat seine Jagdtätigkeit zeitweise einstellen oder reduzieren würde.

Während Waldameisen auf Ameisenstraßen meist zum „melken“ von Honigtau unterwegs sind, suchen die frei, über den Waldboden laufenden Arbeiterinnen nach Insekten.

Andere Nahrungsquellen

Weitere, weniger bekannte Nahrungsquellen der roten Waldameise sind Baumsäfte, wie Ahorn- und Birkensäfte, sowie Nektar von Weiden, Kirsch- und Beerenarten.

Zusätzliche pflanzliche Nahrungsquellen sind Hutpilze, sowie Elaisomen. Das sind nahrhafte Anhängsel an Samen von Pflanzen, die sich mit Hilfe von Ameisen ausbreiten. Diese Elaisomen werden von Pflanzenarten wie Wachtelweizen, Perlgras oder Waldveilchen produziert. Die Arbeiterinnen tragen das Anhängsel mit dem Samen über meist lange Strecken zum Nest. Während des Transportes löst sich der Samen weit entfernt von der Mutterpflanze, oder der Samen landet in der Mülldeponie der Ameisen, wo er ebenfalls austreiben kann. Diese Symbiose führt soweit, dass diese Pflanzenarten in Gebieten mit geringem Ameisenbesatz kaum bis gar nicht vorkommen.

Im Wald agiert die Waldameise auch als Gesundheitspolizei und vertilgt Tierkadaver. Viele Jäger nutzen diese Eigenschaft der roten Waldameise und legen die Köpfe von erlegten Rehen oder Hirschen neben den Ameisenhaufen, um nach einigen Tagen, eine komplett, von Fleischresten befreite Trophäe zu erhalten.

Wie deckt die Rote Waldameise ihren Flüssigkeitsbedarf?

Waldameisen decken ihren Flüssigkeitsbedarf in der Regel vollständig über den Honigtau. Lediglich in den ersten Frühlingswochen, wo die Läuse noch nicht aktiv sind, kann man die Arbeiterinnen der roten Waldameise auch an kleinen Pfützen beim Trinken beobachten.

Fütterung von Jungköniginnen und Männchen

Die Königin(nen), als auch die Geschlechtslarven werden von den Arbeiterinnen nicht aus dem Kropf (sozialer Magen), sondern mit einem extra produziertem, hochwertigen Düsensekret gefüttert. Besonders in monogynen Völkern, wo dem Volk ausreichend Düsensekret zur Verfügung steht, kommen auch die Larven der Arbeiterinnen in den Genuss des hochwertigen Sekrets, was zu einer größeren Anzahl an großen Arbeiterinnen führt.

Nahrungsvorräte im Hinterleib

Ähnlich wie bei den bekannten Honigtopfameisen (Australien und Mittelamerika), können auch die Arbeiterinnen der roten Waldameise große Vorräte in Ihrem Hinterleib speichern. Kurz vor der Winterruhe schwillen die Hinterleiber einiger Arbeiterinnen (Innendienstlerinnen) deutlich an. Von diesem Vorrat werden im Frühjahr die Larven der ersten Geschlechtstiere gefüttert.

Gegenseitige Fütterung

Arbeiterinnen, die für die Nahrungsbeschaffung zuständig sind, speichern die aufgenommene Nahrung in einem sozialen Magen, dem sog. Kropf. Wenn eine Innendienstarbeiterin Nahrung benötigt, bettelt sie eine Artgenossin mit prall gefülltem Gaster (Hinterleib) an. Dafür schlägt sie mit den Vorderbeinen oder den Fühlern auf den Kopf der anderen Ameise und streift mit ihren Kieferntastern über die andere Zunge. Die angebettelte Ameise würgt aus ihrem Kropf nun einen Tropfen Nahrungsbrei hervor, der auf ihrer Zunge, zwischen den geöffneten Mandibeln (Oberkiefer) liegen bleibt. Die bettelnde Ameise kann nun den Tropfen Nahrung einsaugen und ihrerseits andere Artgenossinnen versorgen.

Andersherum bieten Arbeiterinnen mit prall gefülltem Kropf ihre Nahrung anderen Nestgenossinnen an. Sobald der Kropf der Ameise wieder geleert ist, kann sie sich erneut der Futterbeschaffung widmen.

Alle Arbeiterinnen im Innendienst, als auch die Geschlechtstiere im Frühjahr gehen nicht selbst auf Futtersuche, sondern werden von ihren Artgenossinnen gefüttert.

Unterschiede zwischen der Roten Waldameise (Formica rufa) und der Kahlrückigen Waldameise (Formica polyctena)

Unterschiede im Verhalten

Formica rufa Formica polyctena
Anzahl Königinnen überwiegend monogyn (eine Königin) überwiegend polygyn (mehrere Königinnen)
Art der Nestgründung Bildung von Zweignestern (Koloniegründung) Sozialparasitische Nestgründung (tötet und übernimmt das Nest einer Königin der Sklavenameisen ,z.B. Formica fusca)

Bestimmung der Arten und Unterschiede im Aussehen

Tendenziell ist die kahlrückige Waldameise kleiner als die Rote Waldameise. Der Größenunterschied lässt sich jedoch nur mit wissenschaftlichen Verfahren feststellen.

Mit einer stark vergrößernden Lupe (ich nutze eine Eschenbach 12,5x) oder auf einer guten Makroaufnahme lassen sich die beiden Arten durch folgende Merkmale auch für Naturinteressierte voneinander unterscheiden [Quelle: 1A]:

Formica rufa Formica polyctena
Blassschwärzlicher, unscharf abgetrennter Fleck auf der rotbraunen Färbung des oberen Brustabschnittes Fleck oft nur angedeutet Fleck stärker ausgedehnt
Anzahl Haare Kopfunterseite mind. 10 keine bis 7
Anzahl Haare, vorderer oberer Brustabschnitt über 30 keine bis 15

Zur eindeutigen Bestimmung finden sich im Bestimmungsschlüssel im Seifert noch weitere Bestimmungsmerkmale anhand der Behaarung.

Einfacher ist jedoch, wenn Ihr einfach die Waldameisen-Bestimmungs-App der Ameisenschutzwarte benutzt.


Weitere verwandte Arten, mit denen die rote Waldameise verwechselt werden könnte

In diesem Beitrag soll es nur um die beiden Arten der Roten Waldameisen gehen. Informationen zu den anderen verwandten Formica-Arten findet Ihr in den Links unten.

Die Waldameisenarten (Formica sensu stricto, Coptoformica und Raptiformica) lassen sich gut über die Seite der Ameisenschutzwarte bestimmen und unterscheiden: Bestimmung Waldameisen, inkl. Nahaufnahmen

Mischform (Hybrid) aus Formica rufa und Formica polyctena

Die Hybridformen wurden erstmalig in der Oberlausitz (auf kleinflächigen Waldgebieten) von Ameisenexperten bestätigt. Dort sind 28,9% der Waldameisen Hybridnester aus Formica rufa und Formica polyctena. Im Rest von Deutschland wurde in großflächigeren Waldgebieten eine Hybridisierung von 6,6% festgestellt.

Neben dem Aussehen vermischen sich bei der Hybridform der roten Waldameisen auch die Verhaltensweisen. Die hybride Form ist beispielsweise in der Lage mit einer, als auch mit mehreren Königinnen auszukommen und die Nestgründung kann mithilfe von Sklavenameisen, als auch durch Zweignestbildung vollzogen werden, abhängig von den vorherrschenden Umweltbedingungen.

Das Vorhandensein der Hybridform stellt den Artstatus der beiden Arten natürlich in Frage. Einige Experten schlagen deshalb vor, die beiden Arten zu einer Art zu zählen und in Unterarten zu kategorisieren [Quelle: 1F].

Bedeutung und Nutzen der Roten Waldameise für das Ökosystem Wald

  • Die rote Waldameise ist besonders nützlich beim Schutz vor Forstschädlingen, wie dem Kiefernspanner, Kiefernspinner, Nonne, oder Eichenwickler. Je nach Größe des Nestes sind die Ameisen in der Lage bis zu 25m um das Nest herum die Bäume vor Schädlingen zu schützen. Bei extrem großflächigen Befällen, fallen dem Betrachter im Wald diese geschützten Bereiche als kreisförmige grüne Oasen auf.
  • Durch die Hege und Pflege der Rindenläuse, schafft die rote Waldameise eine 10 bis 25-fach höhere Populationsdichte bei den Läusen. Damit schaffen die roten Waldameisen die Nahrungsgrundlage für bis zu 240 Insektenarten, die vom Honigtau leben. Dazu gehören auch Honigbienen.
  • Laut Wellenstein [Quelle: 1G] sind Bienenstöcke in der Nähe von Waldameisenhügeln um das 1,37- bis 3-fache ertragreicher.
  • Die Rote Waldameise verbreitet durch ihre Aktivität Pflanzensamen von bis zu 150 Arten.
  • Der Boden rund um den Ameisenhaufen wird durchlüftet und aufgelockert.
  • In der Nähe eines Waldameisennestes gibt es so gut wie keine Zecken.
  • In ameisenreichen Waldbeständen ist die Anzahl der Singvögel 15 bis 20% höher.

Schutzstatus der Roten Waldameise & Umsiedlungen

Nach der Neufassung der Bundesartenschutzverordnung vom 16. Februar 2005 zählen alle Arten der Untergattungen Formica s.str und coptoformica zu den besonders geschützten Tierarten.

Wenn im Falle von Bauprojekten, Rodungen oder bei Belästigung von Anwohnern Ameisennester entfernt werden sollen, dürfen Diese nicht zerstört werden, sondern müssen fachmännisch umgesiedelt werden. Hierfür bildet die Deutsche Ameisenschutzwarte e.V. sogenannte Ameisenschutzwarte aus, die meist ehrenamtlich Ameisennester in geeignete Gebiete umsiedeln. Hierbei wird das gesamte Nest, inkl. Erdbereich in Behältnissen verstaut und an einem geeigneten Ort über einen Stubben ausgekippt.

Wie stark eine Ameisenart gefährdet ist, könnt Ihr auf dieser Liste nachschauen: Link Rote Liste Zentrum

PS: Der offizielle Schutzstatus in der Bundesartenschutzverordnung und die Gefährdungseinstufung haben nichts miteinander zu tun. Formica rufa und -polyctena sind zum Beispiel als "Ungefährdet" eingestuft, stehen aber trotzdem unter staatlichem Schutz!

Verhaltensregeln beim Umgang mit roten Waldameisen

Beim Fotografieren der kahlrückigen Waldameisen am Wegesrand habe ich mich mit vielen Leuten über die Tiere unterhalten können. Ich war erstaunt wie wenig die Menschen über die Rote Waldameise wissen. Das die Tiere geschützt sind, wissen die Wenigsten. Einige haben mich sogar gefragt, ob die Waldameisen nicht schädlich für den Wald wären.

Daher habe ich hier mal eine kurze Liste mit Verhaltensregeln zusammengestellt:

  1. Nicht im Ameisenhaufen rumstochern oder graben
  2. Haltet eure Hunde in der Nähe von Ameisennestern an der Leine
  3. Nicht zu nah an den Haufen herantreten. Der Boden ist weitläufig um das Nest ausgehöhlt. Man könnte einbrechen und das Nest beschädigen (siehe Foto unten).
  4. Die Tiere sind gesetzlich geschützt und dürfen nicht gefangen oder gestört werden.
  5. Beim Fällen von Bäumen oder Mäharbeiten in der Nähe eines Waldameisennestes, sollte darauf geachtet werden, den Ameisen nicht die Nahrungsgrundlage zu entreißen.
  6. Alle Waldameisenarten sind in Deutschland geschützt und dürfen nicht selbstständig umgesiedelt werden. Hierzu könnt ihr euch aber an die örtliche Ameisenschutzwarte wenden.
Nest der Roten Waldameise mit weitläufigem RandbereichDer kahle Bereich rund um den Ameisenhaufen ist komplett unterbaut und sollte im Interesse der Tiere, als auch im Eigeninteresse nicht betreten werden. Hier besteht die Gefahr komplett einzusinken.



Und hier geht´s weiter mit dem Thema:

Linkliste Waldameisen [+ Bücher & Videos] auf waldfoto.de

Quellenangaben

  • #1. Dieter Otto | Die Roten Waldameisen | 3. Auflage | 2005 | Westarp Wissenschaften-Verlagsgesellschaft mbH, Hohenwarsleben
    • #a. S. 13-14
    • #b. S. 91
    • #c. S. 88
    • #d. S. 78
    • #e. S. 76
    • #f. S. 22
    • #g. S. 159

Weitere indirekte Quellen

Das Wissen über die Roten Waldameisen habe ich mir nach und nach aufgebaut, seit meine jetzige Frau mir im Jahr 2012 die Ameisenhügel der Formica polyctena im Wald nebenan gezeigt hat. Ich kann also beim besten Willen nicht mehr nachvollziehen, aus welchem Buch, Website oder Video das Wissen stammt, womit dieser Beitrag ermöglicht wurde.

Die folgende Liste stellt einen Versuch dar, die Quellen für das "Allgemeinwissen" über Rote Waldameisen in diesem Beitrag aufzulisten:

  • Mein Standardwerk: Dieter Otto | Die Roten Waldameisen | 3. Auflage | 2005 | Westarp Wissenschaften-Verlagsgesellschaft mbH, Hohenwarsleben
  • Detaillierte 3D-Illustrationen: Armin Schieb | Das Ameisenkollektiv | 1. Auflage | 2020 | Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
  • Größtes Nachschlagwerk: Karl Gösswald | Die Waldameise | 1. Auflage | 2012 | Aula-Verlag GmbH, Wiebelsheim
  • Bestimmungsschlüssel (Tiere & Hügel): Dieter Bretz | Waldameisenfibel | Sonderheft Ameisenschutz Aktuell | 2020 | ASW Hessen, Schauenburg
  • Roman über das Leben einer Ameisenumsiedlerin: Christina Grätz, Manuela Kupfer | Die fabelhafte Welt der Ameisen | 1. Auflage | 2019 | Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh


Beitrag zuletzt bearbeitet am 12.10.2021

Über den Autor

Sven Caspers Naturfotograf

Geschrieben von Sven Caspers. Naturfotograf, Gießereimeister und Inhaber von waldfoto.de
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